40 Jahre Economic Empowerment
40 Jahre Solidarität mit Frauen in Afrika, Lateinamerika und Asien
40 Jahre Marie-Schlei-Verein
40 Jahre Vorstands-Vorsitzende
Liebe LeserInnen,
Wir feiern 40 Jahre Marie-Schlei-Verein mit unseren Partnerinnen in Afrika, Asien und Lateinamerika. In mehr als 1000 Projekten konnten Tausende von Frauen alles lernen, um eine eigene ökonomische Existenz aufzubauen, Produkte herzustellen und zu vermarkten und damit die Grundlage für ein menschenwürdiges Leben für sich und ihre Kinder zu schaffen. Als der Marie-Schlei-Verein1984 gegründet wurde, hatte er ein Alleinstellungsmerkmal: Der Verein war der einzige bundesweit, der sich der Armut und Unwissenheit von Frauen in den sogenannten Entwicklungsländern annahm. In Partnerschaftlicher Übereinstimmung entstanden Nähwerkstätten und landwirtschaftliche Projekte zum Beispiel im Reisanbau, in der Fischzucht, in der Pilz- und Blumenzucht, in der Verarbeitung von Mais und anderen Getreide, aber auch im Obst- und Gemüseanbau. Die Projekte waren so vielfältig, wie die Frauen. Sie einte der Mut und die Begeisterung, das Elend zu überwinden, ihre Kinder zur Schule schicken zu können und sich um ihre Gesundheit zu kümmern. Das Selbstbewusstsein dieser Frauen stieg merklich. Sie diskutierten untereinander und mit der Gemeinde, die Dorfältesten achteten ihre Erfolge, die ihnen, ihren Familien, aber auch der Dorfbevölkerung zugutekamen. Die Frauen wurden beruflich qualifiziert, aber stellten auch die herkömmliche Rolle der Frau in der Gesellschaft in Frage und „emanzipierten“ sich. Lange Jahre war in den Projekten das Thema „Gewalt gegen Frauen“ tabuisiert. Aber dann wurde Gewalt gegen Frauen in der Gesellschaft unerträglich, sodass die Frauen erfinderisch wurden und eigene Aktionen gegen Männergewalt erfanden. Sie stellten die Männer bloß.
In vielen Projekten wuchs der Gruppengeist und kleine Kreditgenossenschaften entstanden. Die Frauen sparten und entschieden dann, welcher Frau für ihr Projekt aus dem Gemeinschaftstop gegeben werden sollte. So ergänzten sich die bescheidenen Finanzierungsmittel durch dem Marie-Schlei-Verein und dem Sparwillen der Frauen. Besonders kräftig wuchsen in den bewässerten Projekten die Früchte und das Gemüse. Das entsprach den Verabredungen der Weltfrauenkonferenz 1990, die insbesondere auf die Förderung der Frauen in ländlichen Gebieten setzten, weil sie die Ärmsten der armen Frauen waren. Auch, wenn später Computerprojekte, Papierherstellung oder Gewächshäuser hinzukamen, die Projektstruktur blieb: Alles gehörte allen Frauen und sie mussten darüber auch buchhalterisch Rechenschaft ablegen.
Covid-19 führte zu einem Einbruch. Aber die Zusammenarbeit konnte auf einem bescheidenen Niveau weitergehen. Die Kontakte mit den Projekten blieben intakt. Nach Überwindung der Pandemie vertiefte sich die Zusammenarbeit und Kommunikation wieder und neue Projekte konnten begonnen werden. In den vergangenen Jahren sanken die Einnahmen und Spenden des Marie-Schlei-Vereins, wie auch in anderen Nichtregierungsorganisationen. Es ist sehr bedauerlich, dass auch der Entwicklungshilfeetat der Bundesregierung um eine Milliarde Euro gekürzt worden ist. Wir brauchen nicht weniger, sondern mehr Solidarität, gerade in Afrika, Asien und Lateinamerika.
Weltweit wird heute eine feministische Entwicklungspolitik propagiert. Auch Chimanda Ngozi Adichie, nigerianische Schriftstellerin und Feministin, will einen weltweiten Feminismus und ein Ende jeglicher Diskriminierung. Sie hält jede Form von Geschlechterdiskriminierung für gesellschaftsschädlich. „Wir sollten alle wütend werden. Immer noch werden Frauen benachteiligt. Ich bin doch ein Mensch, Männer sind auch nur Menschen.“
40 Jahre Solidaritätsarbeit sind nicht genug. Überall in Afrika, Asien und Lateinamerika dominieren autoritäre Regime, Armut und Unterdrückung. Die Frauen stehen auf und solidarisieren sich. Ohne Lärm sind Feminismus und Überleben nicht zu haben. Daher wird der Marie-Schlei-Verein auch in Zukunft dringend gebraucht. Viele Projektfrauen unterstreichen, wie viel sie durch die gemeinsamen Projekte gelernt haben. Wir sind stolz auf unsere Projektpartnerinnen, die unter schwierigsten Bedingungen die Projekte erfolgreich durchführen. Sie wollen weiterhin ihre Zukunft besser gestalten. Daher muss die Solidarität weitergehen.
Nach 40 Jahren trete ich als Vorstands-Vorsitzende zurück. Ich danke allen für die Solidarität und gute Zusammenarbeit.
Dem neuen Vorstand wüsche ich gutes Gelingen und werde ihn weiter unterstützen.
Mit solidarischen Grüßen
Prof. Dr. h.c. Christa Randzio-Plath
globalen Süden