Geschlechtergerechtigkeit und Welthandel Fachkonferenz, 08.10.2018, Berlin

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Viele Experten bezeichnen Frauen als Gewinnerinnen des freien Welthandels. Hunderte von Millionen zusätzliche Jobs sind in Frauenhand. Aber es sind Billigjobs oder prekäre Arbeitsverhältnisse, vor allem in Asien. In der Europäischen Union haben viele Frauen durch die Veränderung der Wertschöpfungsketten z. B. im Textil- und Chipbereich ihre Arbeitsplätze verloren. Zu massiven Einbrüchen bei Frauenarbeitsplätzen kam es 1998 im Rahmen der Asienkrise, wo Millionen von Frauen aus den Freihandelszonen wieder zurück in ihre Dörfer mussten. Und die katastrophalen Arbeitsbedingungen in Subunternehmen weltweit, die Agenten der Wertschöpfungsketten global, gefährden das Leben und die Gesundheit von Millionen von Frauen. Aber: Frauen tragen den anhaltenden Boom in der weltweiten Wirtschaft und sind durch die Steigerung ihrer Erwerbsquoten die HoffnungsträgerInnen von G20- Politiken für Wachstum und Beschäftigung durch ausbeutungsorientierte Beschäftigungsverhältnisse in Produktion, Dienstleistungen und Handel.

Eine solche Politik widerspricht der Menschenrechtserklärung der UN, der CEDAW- Konvention und eigentlich allen relevanten völkerrechtlichen Vereinbarungen. Selbst die Peking- Plattform forderte, dass Handelsabkommen keine negativen Auswirkungen auf die Beschäftigung von Frauen haben dürften. Deswegen fordert ein internationales und europäisches Netzwerk neben der Kritik am neoliberalen Wirtschaftsmodell Gleichstellungs- perspektiven in der Handels-, Kooperations- und Investitionspolitik. Dies wird auf der Ebene der internationalen Organisationen wie WTO, UN und ILO oder UNCTAD genauso gefordert wie vom Europäischen Parlament.

Handel ist zwar genderblind, aber Handel und Investitionen sind nicht geschlechtsneutral, weil sie aufgrund struktureller Ungleichheiten unterschiedliche Auswirkungen auf Frauen haben. Zentraler und einklagbarer Teil von Handelsabkommen muss sein, dass politische, soziale und wirtschaftliche Menschenrechte eingehalten sowie Geschlechtergerechtigkeit und Inklusion verwirklicht werden. Das ist die Grundlage für eine nachhaltige und friedliche Entwicklung wie sie die UN- Agenda 2030 fordert.

Handel gilt weiterhin als ein Motor für Entwicklung. Deshalb sollte eine auf die Armutsreduzierung und die Überwindung globaler Ungleichheit ausgerichtete Verbesserung der Handelsbeziehungen ein wesentliches Element in Abkommen zwischen EU und Drittstaaten sein. Schließlich fördert Handel nicht per se den Wohlstand einer Gesellschaft. Dazu bedarf es ordnungspolitischer Rahmenbedingungen. Die Wirtschaftsabkommen z. B. zwischen der EU und den afrikanischen Staaten entsprechen dieser Forderung nicht.

Die Handelsliberalisierung verspricht Umverteilung, aber zu wessen Lasten? 2017 wurde eine nicht verbindliche Erklärung der Welthandelsorganisation (WTO) verabschiedet, um die Gleichstellung von Frau und Mann zu verbessern und die weiblich geführten Klein- und Mittelbetriebe zu fördern. Die WTO-Initiative Aid for Trade, die Entwicklungsländer bei der Integration in den Welthandel unterstützt, soll auf ihre Auswirkung auf Gleichstellung der Frauen untersucht werden. Die neoliberale Wirtschaft nutzt Frauen als ungenutzte Reserve und sieht in ihnen den Beitrag zum Wirtschaftspotenzial.

Laut McKinsey könnte die globale Wertschöpfung mit Frauenförderung bis 2025 um 12 Milliarden Dollar erhöht werden. Und G20 verspricht sich von Initiativen wie WeFi und der um 25% gesteigerten Frauenerwerbsquote und der damit verbundenen Produktivitätssteigerung ein quantitatives Wachstum von 2% des GDP jährlich! Wo bleibt die Verantwortung für eine nachhaltige ökologisch und sozial verträgliche Entwicklung?

UNCTAD setzt zu Recht auf die gleichberechtigte Partizipation vor allem von Frauen in Entwicklungsländern und ihre Berücksichtigung in Handelsabkommen. Das gilt für die Export- und Importkonstellation. Auch bei Importliberalisierung müssen schließlich die Folgen für Frauen in der heimischen Industrie und Landwirtschaft bedacht werden. Selbst der CEDAW- Ausschuss zu Deutschland (März 2017) sieht im Handel einen wichtigen Bereich, der gendersensitiv und geschlechtergerecht gestaltet werden muss. Dies kommt in seiner Besorgnis über die Beeinträchtigung der Frauenrechte in Wertschöpfungsketten zum Ausdruck, aber auch in der Sorge um die Diskriminierung der kleinbäuerlichen Landwirtschaft, die dem Agrarexportdruck ausgesetzt ist. Auch seine Kritik an ausländischen Direktinvestitionen, die zu Zwangsvertreibungen führt und am mangelhaften Zugang der Frauen zu Recht passt in diesen Diskussionsrahmen. Deswegen kommt es darauf an, im Rahmen der Umsetzung der UN-Agenda 2030 und im Rahmen von Wirtschaft und Menschen- rechte die Geschlechtergerechtigkeit in Abkommen und in Unternehmensverhalten durchzusetzen. Es sind – so CEDAW- konkrete Maßnahmen einzuleiten unter Einschluss von Rechtsbehelfsmechanismen, um den Zugang zu Gerechtigkeit für Opfer von Menschenrechtsverletzungen zu erleichtern und sicherzustellen, dass die Rechts- und Verwaltungsmechanismen eine geschlechtsspezifische Perspektive berücksichtigen.

Handelspolitik nimmt Einfluss auf nachhaltiges und gerechtes Wirtschafts- wachstum. Auch die UN-Agenda 2030 geht davon aus, dass der Handel zur Förderung einer nachhaltigen und gerechteren Entwicklung beitragen kann. Dazu bedarf es in multilateralen und bilateralen Handelsabkommen der Genderperspektive. EU- Handelspolitik verspricht inzwischen Gendersensibilität. Sie fehlt in den neuen Handelsabkommen mit Japan und Vietnam. Das Handelsabkommen mit Chile ist ein Hoffnungsschimmer.

Handelsabkommen haben umfassende Auswirkungen auf Menschenrechte, weil sie sowohl Produktion und Dienstleistung, Landwirtschaft, Textilien und den Schutz des geistigen Eigentums umfassen. Anstatt Menschenrechte durch Handel zu verletzen, muss Handelspolitik Menschenrechte und Frauenrechte schützen und fördern. Die Handelspolitik weltweit muss werteorientiert, fair, inklusiv und kohärent mit anderen Politiken sein, auch mit der Gleichstellung von Frauen und Männern. Nur so kann sie nachhaltige Entwicklung verbessern. Das gilt auch für Investitionen. Privatwirtschaftliche Investitionen können für beide Partner von Nutzen sein. Dazu müssen sie sich zur Beachtung von Frauen- und Menschenrechten verpflichten. Hermes- Bürgschaften in Deutschland für deutsche Direktinvestitionen z.B. in Afrika müssen an menschen- und frauenrechtlich verpflichtende Standards geknüpft werden.  Hier ist Nachholbedarf, den NGO zu Recht einfordern und die 2017 von CEDAW nachdrücklich in Bezug auf deutsche Unternehmensverantwortung in globalen Wertschöpfungsketten gerügt worden sind.

Handelspolitik und EU

Artikel 207 (European Treaty on the Functioning of the EU) zeigt, dass die EUZ genderpolitische Verpflichtungen hat. Bis heute gibt es in der GD Trade Widerstand gegen die Einbeziehung der Genderperspektive in die Handelspolitik. hat. Aber: durch die Menschenrechtsklauseln und die ILO- Normenwurde Druck auf die EU- Abkommen ausgeübt. Das gilt auch für die Perspektive der Nachhaltigkeitsagenda.

Gestatten Sie mir abschließend eine persönliche Bemerkung: Ich war die einzige Abgeordnete, die einem Parlament einen Ratifizierungsbericht über ein multilaterales Handelsabkommen vorlegen durfte, der zudem noch angenommen wurde. Es handelte sich um die Ratifizierung der Uruguay-Runde. Bis heute schmerzt mich, dass es keine Chance gab, ökologische, soziale und frauen- und menschenrechtliche Aspekte in das Welthandelsabkommen zu integrieren. Es hieß damals, was hat Handel mit diesen Fragen zu tun, und wurde auf die Doha- Runde vertröstet. Es gab damals aber auch keine Frauenlobby. Ich freue mich, dass wir heute eine Aufbruchstimmung haben, die nur noch einen geschlechtergerecht gestalteten Welthandel zulässt.

Prof. Dr. h.c. Christa Randzio-Plath, Vorsitzende Marie-Schlei-Verein

Foto (C) Marie-Schlei-Verein
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